In Zeiten von Tiefstzinsen ist es wichtiger denn je anzulegen. Auf dem Sparkonto wird das Geld de facto weniger, wenn man Inflation und Gebühren berücksichtigt. Interessant ist, dass Männer viel häufiger als Frauen ihr Geld in Wertschriften investieren. Dabei wäre es gerade für viele Frauen aus Vorsorgesicht wichtig, das Geld für sich arbeiten zu lassen.
Höhere Lebenserwartung, Beitragslücken, Teilzeitarbeit, tieferer Lohn: All diese Faktoren sprechen dafür, dass «frau» sich mit ihrer Altersvorsorge auseinandersetzen sollte, um drohende Lücken zu vermeiden. Und trotzdem sind sich viele Frauen nicht bewusst, welche finanziellen Konsequenzen Lebensereignisse wie Heirat, Geburt des ersten Kindes oder eine Scheidung auf die eigene Vorsorge haben. Wer seine finanzielle Situation aber kennt und entsprechende Massnahmen trifft, kann gelassener in die Zukunft blicken. Für Frauen ist dabei die Säule 3a besonders wichtig, da sich damit Beitragslücken bei AHV und insbesondere Pensionskasse abfedern lassen.
Frauen investieren risikobewusster
Durch die tiefen Zinsen werfen Säule 3a-Sparkonten allerdings kaum mehr Ertrag ab. Es lohnt sich deshalb, die Vorsorgegelder in Wertschriften zu investieren. Die Studie Vorsorgebarometer 2021 zeigte, dass Frauen ihre Säule 3a-Gelder deutlich weniger oft anlegen als Männer. «Viele Frauen schätzen ihr Wissen beim Anlegen als gering ein und verzichten deshalb darauf», erklärt Mirella Napoli, Kundenberaterin Anlegen bei Raiffeisenbank Regio Frick-Mettauertal. Männer hingegen gehen das Thema selbstbewusster an und streben grundsätzlich eher nach Gewinnmaximierung. Legen Frauen an, so stehen für sie die Aspekte Nachhaltigkeit und Sicherheit im Zentrum. Auch lassen sie sich weniger aus der Ruhe vom Auf und Ab an den Börsen bringen. Dieser risikobewusste Ansatz vieler Frauen hat Vorteile, birgt aber auch die Gefahr, dass man das Geld auf dem Konto liegen lässt und damit in der aktuellen Zinssituation Geld verliert. Aus den eingangs erwähnten Gründen ist es für Frauen allerdings entscheidend, dass sie die Ersparnisse, welche sie erst im Pensionsalter brauchen, gewinnbringend anlegen. Aufgrund des langen Anlagehorizonts empfiehlt Mirella Napoli dafür eine Anlagestrategie mit einem höheren Aktienanteil und regelmässige Einzahlungen, beispielsweise über einen Fondssparplan.
Persönliche Vorsorge lässt sich NICHT delegieren
Neben individuellen Massnahmen dürften die anstehenden Rentenreformen eine Verbesserung für die Vorsorgesituation von Frauen bringen. Aber die Reformen des Vorsorgesystems allein führen nicht zum Ziel. Ein Wandel hin zu mehr gleichberechtigten Familienmodellen ist nötig, das braucht aber Zeit über mehrere Generationen. Immer mehr jüngere Paare sind sich des Themas zwar bewusst und teilen sich Erwerbstätigkeit und Familienarbeit gleichberechtigt auf. Ein schneller Wandel ist aber nicht zu erwarten, da in der Schweiz grundlegende Strukturen einen solchen nicht fördern: Sei es durch das Steuersystem, das Doppelverdiener bestraft, durch den Wohlstand in der Schweiz, der Einverdienermodelle überhaupt zulässt oder aufgrund fehlender oder teurer Kinderbetreuungsangebote. So oder so, schliesslich bleibt die Verantwortung in erster Linie bei sich selbst, folgert Mirella Napoli: «Die Verantwortung für die persönliche Vorsorge lässt sich nicht delegieren.»
Frauen und Vorsorge – warum anders gespart werden muss
Eine Frau lebt im Durchschnitt knapp vier Jahre länger als ein Mann, geht aber in der Regel ein Jahr früher in Pension. Dadurch müssen für fünf Jahre mehr die entsprechenden Mittel für den Lebensunterhalt angespart werden. Zudem arbeiten Frauen viel öfter Teilzeit oder sind gar nicht berufstätig. Gemäss Vorsorgebarometer 2021 arbeiten nur 27 Prozent der befragten Frauen Vollzeit. Auch dieser Fakt wirkt sich auf die Altersvorsorge aus. Das geschlechtsspezifische Rentengefälle – der sogenannte «Gender Pension Gap» – ist in der beruflichen Vorsorge am grössten: Frauen erhalten rund 46 Prozent weniger Rente aus der Pensionskasse als Männer. Viele Frauen können sich zudem die Einzahlung des Maximalbetrags in die Säule 3a oft nicht leisten, da aufgrund des Teilzeitpensums weniger liquide Mittel zur Verfügung stehen.
Nachgefragt
Interview mit der Anlage-Expertin Mirella Napoli (Kundenberaterin Anlegen) und dem Vorsorge-Experten Christoph Eckert (Finanzplaner) der Raiffeisenbank Regio Frick-Mettauertal.
Ist es ein Mythos oder tatsächlich so, dass Frauen sich weniger mit Geld beschäftigen als Männer?
Napoli: Es ist leider tatsächlich so, dass sich weniger Frauen um ihre Finanzen kümmern und entsprechend auch weniger darüber wissen. Dafür kann es mehrere Erklärungen geben: Frauen in Partnerschaften wägen sich häufig in Sicherheit, viele Frauen sind sich der Wichtigkeit des Themas nicht bewusst oder sie trauen es sich nicht zu. Dazu kommen handfeste Gründe: In vielen Partnerschaften ist der Mann auch heute noch der Hauptverdiener, entsprechend sind die Themen Geld, Finanzen und Vorsorge vorwiegend bei ihm angesiedelt.
Wer sich bislang noch gar nicht mit seinen Finanzen auseinandergesetzt hat: Wie soll man anfangen?
Eckert: Zuerst soll man sich einen Überblick über die persönliche finanzielle Situation verschaffen. Wie bin ich bei der Pensionierung aufgestellt? Was würde eine Scheidung, ein Teilzeitpensum oder Invalidität finanziell für mich bedeuten? Um diese und weitere Fragen zu beantworten findet man online viele Angebote und Tools, die unterstützen können. Viele Frauen haben aber Respekt vor der Komplexität. In diesem Fall lohnt es sich, mit seiner Beraterin oder seinem Berater zusammenzusitzen und gemeinsam eine Auslegeordnung zu machen.
Müssen Frauen bei ihrer Finanzplanung andere Regeln beachten als Männer?
Eckert: Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Für Frauen, die voll im Arbeitsleben stehen, gelten keine wesentlich anderen Regeln als für Männer. Wer aber nicht oder in einem reduzierten Pensum arbeitet, muss seine finanzielle Situation genauer unter die Lupe nehmen; das gilt unabhängig vom Geschlecht. Bei vielen Frauen ist die Altersvorsorge wesentlich kleiner; umso wichtiger wäre es, dass sie ihre Ersparnisse anlegen. Zudem ist der Mann oft besser abgesichert, weil er der Hauptverdiener ist. Schliesslich ist es wichtig, dass man sich diese Gedanken als Paar macht – aber wie gesagt: Beide Seiten müssen sich diese Fragen stellen.
Welchen Vorsorgetipp können Sie unseren Leserinnen mit auf den Weg geben?
Napoli: Kennen Sie Ihre persönliche finanzielle Situation und sind Sie sich bewusst, wie sich Veränderungen auf Ihre finanzielle Lage – heute und in Zukunft – auswirken! Dann empfehle ich Frauen, ihre Arbeitsmarktfähigkeit zu behalten oder sogar auszubauen. Beide Punkte ermöglichen Frauen, auf eigenen Beinen stehen zu können.
Die rechtzeitige Überprüfung der Gesamtsituation bringt Klarheit und kann eventuell nötige Massnahmen frühzeitig einleiten.
Möchten auch Sie Sicherheit bei Ihre Altersvorsorge gewinnen?