Die Babyboomer-Generation steht vor der Pensionierung, doch manche setzen sich erst jetzt mit der Altersvorsorge auseinander. Mit dem freiwilligen Einkauf in die Pensionskasse kann das Versäumnis noch aufgeholt werden.
Über 40 Prozent der Ü50iger planen, sich frühzeitig pensionieren zu lassen. Das geht aus der Studie «Raiffeisen Vorsorgebarometer 2022» hervor. Viele realisieren erst bei der konkreten Planung, dass eine Frühpensionierung eine kostspielige Angelegenheit ist. Wie kann in kurzer Zeit eine ansehnliche Rendite erzielt werden bei überschaubarem Risiko?
Freiwillige Einlagen steigen
Eine Antwort auf diese Frage haben viele gefunden: Sie tätigen Einkäufe in die Pensionskasse. Gemäss Bundesamt für Statistik beliefen sich die freiwilligen Einlagen im Jahr 2021 auf 7,3 Milliarden Franken – 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Warum lohnen sich Pensionskasseneinkäufe insbesondere für die Babyboomer? Das wichtigste vorweg: Entscheidend für den Erfolg ist eine genaue Planung.
Steuerersparnis als Renditequelle
Da Pensionskasseneinkäufe der Vorsorge dienen, können sie vollumfänglich vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Im Gegenzug darf das Kapital nach einem Einkauf während einer dreijährigen Sperrfrist nicht bezogen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Vorbezug für Wohneigentum handelt oder um einen Kapitalbezug zum Pensionierungszeitpunkt. Die Reduktion der Steuerbelastung gehört neben der Verbesserung der Altersvorsorge zu den Hauptvorteilen von Pensionskasseneinkäufen. Diese sollten aus Risikoüberlegungen idealerweise erst rund zehn Jahre vor der Pensionierung getätigt werden. Diese Aussage bestätigt Nicola Liebi, Finanzplaner bei der Raiffeisenbank Regio Frick-Mettauertal: «Tiefe Zinsen und die gestiegene Lebenserwartung stellen die Pensionskassen vor grosse Herausforderungen. Reformen sind zwingend notwendig, blieben bisher politisch aber leider erfolglos.» So werden Jahr für Jahr Milliarden-Beträge von den Erwerbstätigen zu den Rentnern umverteilt. Es sei daher im aktuellen Umfeld sinnvoll, so Nicola Liebi weiter, Einkäufe erst wenige Jahre vor der Pensionierung zu tätigen: «Über einen kurzen Zeitraum sind die Risiken besser abschätzbar als auf längere Sicht.» Auch bleibe man flexibel, falls die Mittel anderweitig eingesetzt werden sollten, erklärt der Vorsorgespezialist. «Kommt hinzu, dass das steuerbare Einkommen in diesem Lebensabschnitt gewöhnlich am höchsten ist und sich steuerliche Abzüge aufgrund der höheren Progression besonders auszahlen.»
Gestaffelte Einzahlungen
Ein weiterer Tipp: Zusätzliche Steuerersparnisse werden realisiert, wenn grössere Beträge gestaffelt über mehrere Jahre einbezahlt werden. Ein einfaches Rechenbespiel: Wer im Alter von 55 bis 62 über sieben Jahre jeweils gestaffelt 10'000 Franken einbezahlt, kann rund 18’000 Franken an Einkommenssteuern sparen (vgl. Grafik 1).
Grafik 1: Steuerersparnis dank gestaffelten PK-Einkäufen
Wer kann sich freiwillig einkaufen?
Einkäufe in die Pensionskasse sind nur möglich, wenn eine so genannte Beitragslücke – auch Einkaufspotenzial genannt – besteht. Solche entstehen in der Regel nach Lohnerhöhungen, nach Auszeiten, beim Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber oder bei einer Scheidung. Die meisten Pensionskassen weisen das Einkaufspotenzial im jährlichen Vorsorgeausweis aus. Nicola Liebi rät allen, die einen Einkauf evaluieren, sich bei der Pensionskasse nicht nur über das persönliche Einkaufspotenzial zu erkundigen, sondern gleichzeitig wichtige weitere Informationen einzuholen: «Nicht bei jeder Pensionskasse und nicht in jeder Situation ist ein Einkauf empfehlenswert.»
Notwendige Abklärungen
Eine gesunde Kasse hat einen Deckungsgrad von deutlich über 100 Prozent und berechnet diesen mit einem realistischen technischen Zinssatz von maximal 2,5 Prozent. Ebenfalls wichtig ist die so genannte Destinatären-Struktur der Vorsorgeeinrichtung (Verhältnis der aktiv versicherten Erwerbstätigen zu den Rentnern). Je höher der Rentner-Anteil, desto grösser die Umverteilung von den Aktiven zu den Pensionären. Die Altersguthaben werden in der Pensionskasse unterteilt in Obligatorium und Überobligatorium. Obligatorisch versichert sind die Löhne zwischen der Eintrittsschwelle von 22’050 und dem oberen Grenzbetrag von 88’200 Franken. Nur für diesen Teil gelten die gesetzlichen Vorgaben für den Mindestzins (aktuell 1%) und Umwandlungssatz (noch 6,8%). Was viele nicht wissen: Rund 60 Prozent der Vorsorgegelder zählen zum überobligatorischen Bereich. In diesem ist die Pensionskasse frei in der Verzinsung und in der Festlegung des Umwandlungssatzes.
Bezug als Rente oder Kapital?
Meist werden die freiwilligen Einkäufe dem überobligatorischen Teil zugeteilt. Wer den Einkauf später als Rente beziehen möchte, sollte genau abklären, welcher Umwandlungssatz Anwendung finden wird. «Aus rein steuerlicher Optik ist es attraktiver», so Nicola Liebi weiter, «die zusätzlichen Einzahlungen als Kapital zu beziehen: Die auf der Auszahlung anfallende Kapitalleistungssteuer wird zu einem reduzierten Satz erhoben, während der Rentenbezug später jährlich als Einkommen versteuert werden muss.» Abzuklären ist, ob die Einkäufe später als Kapital bezogen werden dürfen.
Und im Todesfall?
Was passiert mit meinem Einkaufskapital, sollte ich unerwartet sterben? Nicht in jedem Fall wird dieses Kapital den Hinterbliebenen ausbezahlt. Hat der Einkauf einen Einfluss auf die Versicherungsleistungen im Krankheitsfall? Muss nicht sein. Bei vielen Pensionskassen basieren die IV-Leistungen auf dem versicherten Lohn (so genanntes Leistungsprimat) und nicht auf dem vorhandenen Altersguthaben.
Trivial ist ein Pensionskasseneinkauf nicht: Eine Vielzahl von Fragen müssen beantwortet und die Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden. Nicola Liebi weiss aus der Beratung: «Mit einer professionellen Pensionsplanung kann viel Geld gespart werden.»