Wer seine Firma erfolgreich übergeben will, benötigt in der Regel einen mehrjährigen Umsetzungsplan – die Faustregel sagt fünf Jahre. Für Unternehmerinnen und Unternehmer geht es dabei nicht nur um die Zukunft ihres Lebenswerkes, sondern auch um ihre finanzielle Absicherung im Ruhestand. Welche acht Regeln gilt es zu beachten?
«Wenn die Zeit reif ist, werde ich mir schon Gedanken über meine Nachfolge machen». Diese Aussage hört man im KMU-Umfeld öfters. Das kann allerdings ins Auge gehen: Denn nicht der Stichtag ist bei einer Nachfolge entscheidend, sondern der vorgelagerte Prozess. Da lohnt es sich, diesen frühzeitig anzugehen und die nachfolgenden Regeln zu beachten. «Fünf Jahre vorher mit dem Prozess zu starten ist der ideale Zeitpunkt», sagt Raimund Staubli Verantwortlicher Kompetenzteam Unternehmensnachfolge vom Raiffeisen Unternehmerzentrum RUZ. «Die Nachfolgeregelung ist zu wichtig, um sie dem Zufall zu überlassen», ergänzt er.
- Regel 1: Unternehmen fit machen
Um optimal verkaufs- und übergabefähig zu sein, muss das Unternehmen am Tag X fit und schlank sein. Das heisst: Straffen Sie Ihre Organisationsstruktur und befreien Sie Ihre Firma von allem, was für den Betrieb nicht notwendig ist. Dies könnten zum Beispiel Liegenschaften, Beteiligungen oder Kooperationen sein. Nachfolgerinnen und Nachfolger wollen normalerweise keinen Gemischtwarenladen übernehmen, sondern wünschen sich ein Unternehmen mit klarem Fokus auf das Kerngeschäft. Ebenso wenig möchten sie Geld «kaufen». Reduzieren Sie also Ihre Liquidität so weit wie betrieblich sinnvoll. Dies kann auch steuerliche Auswirkungen haben.
- Regel 2: Modern bleiben
Das Unternehmertum ist in ständigem Wandel – ein Fakt, der bei der Firmenübergabe eine zentrale Rolle spielt. Die stetige Unternehmens- und Prozessentwicklung spielt bei der Nachfolge deshalb eine zentrale Rolle. Manche Unternehmerinnen und Unternehmer verhalten sich jedoch Jahre vor der Firmenübergabe in der Unternehmensentwicklung sehr zurückhaltend. Dies schmälert nicht nur den Verkaufswert, sondern auch die Anzahl potenzieller Käufer. Ein Unternehmen mit einer zukunftsgerichteten Infrastruktur und Prozessen und kompetenten Mitarbeitenden verkauft sich besser.
- Regel 3: Transparent sein
Wer die Jahresrechnung steueroptimiert gestaltet, sollte diese spätestens fünf Jahre vor dem Unternehmensverkauf transparent aufbereiten und auch die stillen Reserven verringern. Denn für die Bewertung Ihres Unternehmens zählt vor allem eine gesunde Ertragslage. Werden steuerliche Auswirkungen frühzeitig und gezielt angegangen, lassen sich einige Fallstricke vermeiden.
- Regel 4: Rechtsform prüfen
Bei jeder Unternehmensnachfolge spielt das Gesellschaftsrecht eine grosse Rolle. Denn der Verkauf oder die Nachfolge einer Personen- oder Kollektivgesellschaft hat meist steuerliche Folgen - beispielsweise dann, wenn stille Reserven aufgelöst werden. Es gilt zudem, allfällige Sperrfristen zu beachten, da eine Firma nach der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine juristische Gesellschaft oder bei der Abspaltung eines Geschäftszweiges einer juristischen Person erst nach fünf Jahren steuerfrei verkauft werden kann.
- Regel 5: Vorsorge planen
Mit AHV, BVG und freiem Vermögen sollte der Lebensstandard in der Rente gehalten werden können. Durch eine mangelnde Vorsorgeplanung kann es aber dazu kommen, dass das Geld für den Ruhestand nicht ausreicht. Oft steckt ein Grossteil des Inhaber-Vermögens im Unternehmen. Um nicht nur auf den Verkaufserlös angewiesen zu sein, verbessert eine saubere Planung den Verhandlungsspielraum stark. Daher muss die Vorsorge analysiert, Vorsorgelücken ermittelt und frühzeitig (idealerweise steueroptimiert) geschlossen werden.
- Regel 6: Nachfolger finden
Früher oder später taucht die Frage auf: Wer führt das Unternehmen weiter? Sind es Familienmitglieder, Mitarbeitende oder wird die Firma an Dritte verkauft? Jede Form der Nachfolge hat eigene Gesetze. Man muss sich rechtzeitig mit dieser zentralen Frage befassen und alle Interessierten, Beteiligten und Betroffenen möglichst früh abholen. So halten Sie sich Nachfolgeoptionen offen und geraten nicht unter Zeitdruck. Ganz wichtig: Befähigen Sie Ihre Nachfolgerin oder Ihren Nachfolger für die neue Aufgabe und geben Sie ihnen die Chance und Zeit, sich fehlendes Wissen anzueignen.
- Regel 7: Finanzierung klären
Die Finanzierung einer Übernahme ist eine Herausforderung, denn in den wenigsten Fällen können Nachfolger den Kaufpreis zu 100% aus eigenen Mitteln aufbringen. Braucht es einen Bankkredit, hängt dieser vom Kaufpreis, dem Eigenkapital und der Fachkompetenz des Nachfolgers ab. Wenn Eigenkapital und Bankkredit nicht reichen, kann die Restfinanzierung durch ein Verkäuferdarlehen erfolgen. Bei firmeninterner Nachfolge kann die Finanzierung durch Beteiligungsprogramme oder Eigenkapitalaufbau durch Lohnzahlungen geplant werden. Zudem können bei familieninterner Nachfolge erbrechtliche Massnahmen notwendig werden.
- Regel 8: Emotionen ausschalten
Der Verkaufsprozess ist für die meisten Unternehmer Neuland und oft von Emotionen begleitet. Bei emotionalen und sachlichen Differenzen kann es so weit kommen, dass Nachfolgerinnen oder Nachfolger aussteigen, oder die Familie am Ende zerstritten ist. Vor allem bei familien- oder firmeninternen Nachfolgen erschweren unterschiedliche Wertvorstellungen und Lebensweisen oft eine reibungslose Nachfolgeregelung. Um Risiken zu reduzieren, empfiehlt es sich, eine externe Fachkraft zu holen, welche zielgerichtet und unabhängig durch den Nachfolgeprozess führt.
Diese Regeln machen deutlich, wie wichtig eine frühzeitige Nachfolgeplanung ist. Das «Lebenswerk Unternehmen» ist mit so viel Arbeit und Verzicht verbunden, dass auch der letzte Schritt kompetent und erfolgreich gegangen werden sollte.